Buchvorstellung
Thriller
Erschienen 09-2017
Einband Broschiert
Seitenzahl 431
Verlag Bookspot
ISBN 978-3-95669-088-4
Eichborn & Wagner
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Die Farm
Nicolas Eichborn und Helen Wagner ermitteln in ihrem vierten Fall eine Serie von Überfällen und legen dabei unfassbare Abgründe offen …
In Deutschland werden innerhalb weniger Monate mehrere Geldtransporter überfallen. Günther Maria Helmes vom Amt für innere Sicherheit fällt auf, dass sich die Fälle ähneln: Eine Woche vor den Überfällen verschwanden jeweils die Ehefrauen der Männer, welche die Geldtransporter ausraubten. Außerdem hatten die Transporter jedes Mal eine außergewöhnlich hohe Summe Bargeld geladen.
Als Eichborn und Wagner die Ermittlungen aufnehmen, stellt sich allerdings schnell heraus, dass es hier um weit mehr als um Raub geht.
…
Der Raum, in dem sich die vier Männer befanden, war fensterlos und kühl. Draußen herrschte trotz der späten Stunde immer noch die drückende Schwüle eines Hochsommertages. Aber hier, in diesem schmucklosen, kahlen Raum, war es kühl. Sehr kühl.
Das lag jedoch nicht nur daran, dass der Raum sehr gut isoliert war. Zwei der Männer saßen auf bequemen Freischwingern und starrten wie gebannt auf die gegenüberliegende Wand, auf die mittels Beamer der Straßenplan einer Stadt projiziert wurde. Beide waren Mitte dreißig und trugen Jeans, Turnschuhe und Freizeithemden. Bis auf den Stadtplan waren die Wände des Raumes kahl. Auch sonst gab es nichts, was die Aufmerksamkeit der beiden Männer, die vor der Wand saßen, hätte ablenken können. Ein weiterer Mann stand hinter ihnen. Er trug einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd ohne Krawatte und hatte sowohl einen Laserpointer in der Hand als auch eine Fernbedienung für den Beamer. Darüber hinaus war er mit einer Walther P99 bewaffnet, die er in einem Holster an der Seite trug. Der vierte Mann stand etwas abseits und ließ zu keinem Zeitpunkt die beiden Männer auf den Freischwingern aus den Augen. Er war vollkommen in Schwarz gekleidet und ebenfalls bewaffnet.
»Wir gehen alles noch einmal durch«, sagte der Mann mit dem Laserpointer. Die beiden jungen Männer sagten zwar nichts, rutschten aber fast synchron unruhig auf ihren Stühlen herum. Dem Mann mit dem Laserpointer entging das nicht. »Ich mache das nicht für mich, sondern für Sie. Vergessen Sie nicht, was für Sie auf dem Spiel steht.«
Beide setzten sich ruckartig gerade hin. Wie hätten sie jemals vergessen können, um was es hier ging?
»Kurz vor siebzehn Uhr wird der Transporter vom Saseler Damm in den Heegbarg einbiegen und auf den hinteren Parkplatz des Einkaufszentrums fahren. Er wird um siebzehn Uhr genau hier stehen bleiben.« Der rote Punkt des Laserpointers verharrte an einer bestimmten Stelle.
»Herr Wünsche, wo werden Sie zu diesem Zeitpunkt sein?«
»Im Kombi, der auf dem Parkplatz unmittelbar neben der Sonderparkfläche des Transporters steht.«
»Richtig. Und Sie, Herr Martens, wo halten Sie sich auf?«
»Vor dem kleinen Tabakladen im Ausgangsbereich des Centers. Hier gehen die Männer vorbei, die den Transporter verlassen.«
»Exakt. Wie geht es dann weiter?«
»Die beiden Männer werden nach fünfzehn Minuten mit dem Rollwagen zurückkehren«, antwortete Martens wie aus der Pistole geschossen. »Sobald ich sie sehe, ziehe ich meine Jacke aus. Darunter trage ich ein Hemd, das mich als Mitarbeiter des Centers kennzeichnet. Sobald die beiden Männer das Center verlassen haben, werde ich von innen ein Schild an die Tür heften, auf dem steht, dass dieser Ausgang vorübergehend geschlossen ist. Dann gehe ich raus.«
…
Martens hob eine Hand, um eine Frage zu signalisieren. Der Mann nickte ihm aufmunternd zu.
»Warum tragen wir keine Masken?«
»Nun, zum einen sind da, wo Sie sich aufhalten werden, überall Überwachungskameras. Sie müssten also von Anfang an Masken tragen und das würde auffallen, nicht wahr? Und zum anderen, weil niemand Sie für diese Tat zur Rechenschaft ziehen wird. Alles, was Sie tun, geschieht unter Zwang. Also begehen Sie de facto keine Straftat.«
…
Rezension
»Mafiosi, Serienmörder, Menschenhändler – Nicolas Eichborn und sein Team haben schon in so manchen menschlichen Abgrund geblickt. So erscheint es ihnen fast als eine Erleichterung, sich mit einer Reihe von Überfällen auf Geldtransporter befassen zu können, bis Eichborns Teammitglied Helmes eine statistische Anomalie entdeckt, welche die Faktenlage komplett verändert. Innerhalb kürzester Zeit überschlagen sich die Ereignisse und Eichborn muss feststellen, dass die gefährlichsten Feinde in den eigenen Reihen lauern. Ein packender Wettlauf gegen die Zeit beginnt – und darüber schwebt die entscheidende Frage: Wie viel ist ein Menschenleben tatsächlich wert?
Die Grundidee der Handlung
Nicolas Eichborn ist mittlerweile Chef des Amts für innere Sicherheit, was ihm nicht immer gut gefällt, denn die politische Dimension seiner Position ist ihm alles andere als recht. Umso lieber ist er vor Ort dabei, wenn es ans Ermitteln geht und so stürzt er sich auf den neuesten Fall des Teams, der sich mit einer Serie von Überfällen auf Geldtransporter befasst. Diese haben zwar in ganz Deutschland stattgefunden, dennoch gibt es eine frappierende Gemeinsamkeit: Jeweils eine Woche vorher verschwanden die Täter – völlig unbescholtene Männer – und ihre Ehefrauen spurlos. Auf ihrer Suche nach den Hintergründen stoßen die Ermittler auf ein Verbrechen, das viel größer zu sein scheint, als sie sich vorstellen können. Und normale Methoden reichen angesichts verschiedener politischer Interessen eindeutig nicht aus, um die Täter zu stellen …
V.S. Gerling gehen die Ideen scheinbar nicht aus, wieder einmal hat er sich einen hochkomplexen, an vielen Stellen absolut schockierenden Fall ausgedacht, der bis zum Ende nichts an Spannung verliert. Immer wieder neue Wendungen halten den Leser bei der Stange und zumindest ich freue mich jetzt schon auf eine hoffentlich bald erscheinende Fortsetzung.
Stil und Sprache
V.S. Gerling hat einen ganz besonders trockenen Humor und dieser blitzt auch in diesem Teil der Reihe immer wieder auf. Vor allem immer dann, wenn Nicolas Eichborn sich verbal in die Enge getrieben fühlt, kontert er mit bitterbösen Attacken, was seine „Gegner“ regelmäßig sprachlos zurücklässt. Nicolas Eichborn hat natürlich den größten Erzählanteil und schildert seine Sicht der Dinge in der Ich-Form, während verschiedene andere Beteiligte in der dritten Person erzählen.
Wie es sich für einen Thriller gehört, steigert sich die Spannung von Seite zu Seite. Geht es zunächst noch recht ruhig zu, als die ersten Ermittlungen im Geldraub-Fall aufgenommen werden, so zieht das Ganze schnell an und zum Ende hin entwickelt sich ein äußerst rasantes Finale, wie man es von V.S. Gerling schon fast erwartet. Gut gelungen ist auch der Zusammenhang zu den Ereignissen aus den vorangegangenen Büchern, der treuen Lesern ein Gefühl von Wiedererkennen gibt, neue Fans aber nicht abschreckt, weil er nicht notwendig ist, um der Handlung folgen zu können.
Figuren
Nicolas Eichborn scheint auf den ersten Blick etwas zahmer geworden zu sein, ab und zu blitzt aber nach wie vor sein absolut sarkastischer Humor hervor und so manches Mal kann er sich einfach nicht beherrschen. Neben ihm wirkt seine Freundin Helen fast brav, aber auch bei ihr lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen, denn auch sie hat es faustdick hinter den Ohren. Zusammen sind die beiden eins meiner literarischen Traumpaare, auch und vor allem, weil sie nicht immer alles richtig machen.
Aber auch die übrigen Figuren machen einen sehr lebendigen Eindruck, das gilt sowohl für die Guten als auch für die Bösen. Insgesamt ein spielfreudiges Ensemble, so würde man es im Theater wohl formulieren. Gerne mehr davon!
Aufmachung des Buches
Das großformatige Taschenbuch ist wie seine Vorgänger in Klappbroschur aufgemacht und zeigt auf dem Cover ein Paar Hände, die offenbar mit einer Eisenkette gefesselt sind. Der Titel ist mit Spotlack und leicht erhaben aufgebracht und hebt sich in einem kräftigen Magentaton vom dunklen Untergrund ab. Innen sind die 33 Kapitel nummeriert und mit jeweils einer Textzeile aus dem Kapitel überschrieben.
Fazit
Eine weitere gelungene Fortsetzung der Reihe, für Fans ebenso lesenswert wie für Neueinsteiger. Bitte genau so weitermachen!
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